MoneyMuseum's Podcast (3-5 Minuten Dauer)

Jean-Jacques Rousseau und der Einfluss des Gesellschaftsvertrags auf die moderne Demokratie

March 16, 2024 Jurg Conzett

Könnte es sein, dass unsere moderne Gesellschaft die Antworten auf ihre Probleme bereits vor Jahrhunderten erhalten hat? Jean-Jacques Rousseaus visionäre Ideen zum Gesellschaftsvertrag bieten auch heute noch wertvolle Einsichten in die Konzepte von Freiheit und Volkssouveränität. In unserer neuesten Episode ergründen wir, wie Rousseaus revolutionäre Gedanken aus "Der Gesellschaftsvertrag" nicht nur die Französische Revolution beeinflusst haben, sondern auch aktuelle Bewegungen wie den Minimalismus. Wir diskutieren die zeitlose Bedeutung von Rousseaus Kritik an Kultur und Wissenschaft, sowie sein Ideal einer auf dem Gemeinwillen basierenden Gesellschaft, das bis heute nachhallt.

Erfahren Sie, wie Rousseaus Idee der "Freiheit durch Zwang" die paradoxen Herausforderungen der Demokratie beleuchtet und warum seine Theorien Robespierre und andere revolutionäre Führer inspirierten, aber auch zu unvorhergesehenen Konsequenzen führten. Unsere detaillierte Analyse bietet neue Perspektiven auf die Realisierbarkeit von Rousseaus Vorstellungen und deren Einfluss auf die Grundlagen der modernen Demokratien. Begleiten Sie uns auf einer Reise durch die komplexe Welt eines Mannes, dessen Ideen die politische Landschaft für immer verändert haben.

Speaker 1:

der Gesellschaftsvertrag von Jean-Jacques Rousseau Zwang zur Freiheit. Rund 10.000 Dinge besitzt der durchschnittliche Westeuropäer. Viele Menschen fühlen sich davon erdrückt, und deswegen ist Minimalismus gerade der Trend schlechthin. Man will sich nicht mit viel belasten. Gleichzeitig suchen viele die Gemeinschaft mit anderen, gepaart mit einem natürlichen Lebensstil auf dem Land oder zumindest mit der eigenen kleinen Parzelle für das Urban Gardening zwischen Autofahrbahnen in der Innenstadt. Natürlichkeit und Minimalismus waren aber schon vor fast 300 Jahren in. Der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau war damals der Ansicht, dass der Mensch im Naturzustand gut sei und erst die Kultur das Böse in ihm hervorbringe. Entweder man lebt also im Urzustand, oder man muss sich eine möglichst natürliche Form der politischen Organisation überlegen, um ein moralisch gutes Leben zu ermöglichen. Das erläuterte Rousseau ausführlich 1762 in seinem Gesellschaftsvertrag, der umgehend verboten wurde. Der Grund für dieses Verbot ist ganz einfach In Rousseau utopie braucht es weder Gott noch Aristokraten, sondern nur einen Suvarin, nämlich das Volk. In einer durch und durch aristokratischen Welt wie der Rousseaus waren das unakzeptable und gefährliche Gedanken. Wir befinden uns in der Welt des Absolutismus. Ludwig XIV führt das Zepter entschieden Wer kann, lebt in Saus und Braus. Es werden Schlösser gebaut und prunkvolle Feste gefeiert. Und dann kommt dieser Rousseau.

Speaker 1:

Jean-jacques Rousseau wurde 1712 in Gengf geboren. Seine Mutter starb nach seiner Geburt. Sein Vater, ein angesehener Urmacher, lehrte den Jungen die Liebe zur Literatur, bis er nach einer Handgreiflichkeit gegen einen aristokratischen Offizier untertauchte und seinen Sohn damit in ein unstehtes Leben stieß. Der junge Rousseau war ein schwieriger, eigenwilliger Charakter, der sich mal als Lehrer verdinkte, dann als Sekretär und Geliebter einer reichen Dame aushalten ließ. Dabei bildete er sich autodidaktisch fort und zog von Ort zu Ort quer durch Frankreich, bis er 1749 eine Erleuchtung hatte, wie er selbst es nannte. Zufällig stieß Rousseau auf eine Preisfrage, die sein Leben fortan bestimmen sollte.

Speaker 1:

Die Akademie von Dijon fragte in einer Zeitung hat die Wiederherstellung der Wissenschaften und Künste dazu beigetragen, die Sitten zu läutern? Jeder Intellektuelle hätte das sofort bejaht, doch Rousseau war ein Sturkopf und Eigenbrötler und liebte es zu provozieren. Nun legte er sich also mit Frankreichs gesamter Elite an und antwortete auf die Frage nein. Der Mensch war im Urzustand gut und wurde erst durch das menschliche Zusammenleben und damit auch die Kultur böse und lasterhaft. Kurioserweise fand Rousseau aber auch Zustimmung. Er wurde über Nacht zu einem der meist gelesenen Autoren in Europa und gewann den ersten Preis des Ausschreibens Copyright WDR 2021. Rousseau machte es sich fortan bequem in der Rolle des Enfants Terribel und pflegte sie bis zu seinem Tod 1778.

Speaker 1:

Rousseau publizierte Theaterstücke und Essays, in denen er immer wieder betonte, dass erst die Begründung einer Gemeinschaft zu Gier und über steigerten Bedürfnissen unter den Menschen führe. 1762 entwickelte er aus dieser Grundannahme ein politisches Manifest, sein theoretisches Hauptwerk vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des politischen Rechtes. In weiser Voraussicht ließ er es nicht in Frankreich drucken, sondern in den liberaleren Niederlanden, in Amsterdam, bei Marc-Michel Ray. Ray war ein Förderer der Literatur, der Aufklärung, wie wir diese Epoche nennen, in denen immer wieder einzelne Ideen wie Rousseau hatten, die gegen den bisherigen Mainstream ankämpften und die Vernunft über Traditionen setzten. Ray hatte schon andere Schriften Rousseaus verlegt, doch mit dem Gesellschaftsvertrag handelte er sich neben Ruhm auch Ärger ein. Das Werk wurde sofort nicht nur in Frankreich, genf und Bern verboten, sondern auch in den Niederlanden selbst.

Speaker 1:

Rousseau musste flüchten und erhielt Asyl bei Friedrich, dem Großen von Preußen. Wir haben hier eine Erstausgabe des Gesellschaftsvertrags, der Furore in ganz Europa machte und für Jahrhunderte Philosophen, politische Denker und schließlich sogar Verfassungsrechtler und Soziologen beeinflussen sollte. Aber wie konnte jemand, der die menschliche Gemeinschaft als Grund allen Übels ansah, eine politische Organisation für eine gute Gesellschaft entwerfen? In der Natur ist der Mensch zunächst gut, so Rousseau. Er lebt in natürlicher Freiheit, und nur seine eigene Stärke setzt ihm Grenzen. Dann kam es irgendwann zu Eigentumsverhältnissen, und damit begannen die Probleme, denn alles verschlingender Ehrgeiz, künstliche Leidenschaften und die Sucht, sein Glück auf Kosten anderer zu machen, sind übel, die entstanden sind durch die erste Wirkung des Eigentums und das untrennbare Gefolge der entstehenden Ungleichheit.

Speaker 1:

Rousseau schildert das sehr bildhaft Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen dies gehört mir und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, kriege, morde, wie viel Elend und Schrecken wären dem Menschengeschlecht erspart geblieben, wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte Hütet euch, den Betrüger Glauben zu schenken. Ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, aber die Erde niemandem gehört. Marx, lenin, mao, rousseau. Doch Rousseau war klar um in einer gefährlichen Welt mit wilden Tieren und Naturkatastrophen zu überleben, ist eine Gemeinschaft unumgänglich. Aber wie verhindert man den fortschreitenden Niedergang der Sitten In dieser Gemeinschaft?

Speaker 1:

sollen die Bürger so viel Gebiet erhalten, wie sie benötigen? Die natürliche Freiheit hatte bedeutet, wir dürfen uns wünschen, alles zu nehmen, was wir nur wollen, wenn wir es können. Wled, das war'sissise oughing. Die bürgerliche Freiheit hieß wir respektieren, dass auch andere etwas haben, sowie diese unser Eigentum respektieren. Wir dürfen also nicht mehr alles begehren.

Speaker 1:

Dies ist der Gesellschaftsvertrag, den alle Mitglieder miteinander abschließen. Man kann auch sagen zunächst treten alle Individuen ihre potentiellen Rechte an die Gemeinschaft den Zuveräen ab, die ihnen dann wiederum Eigentum zuteilt. Der Vorteil nicht jeder muss seinen Eigentum für sich alleine verteidigen, sondern alle stehen füreinander ein. Diese vernunftgetränkte Theorie kennt nur eine legitime Grundlage von Macht den allgemeinen Willen Volontägenereale.

Speaker 1:

Dieser Wille, der von allen Einzelnen ausgeht, kann nur das wollen, was für die Gemeinschaft das Beste ist, und ist damit losgelöst von den subjektiven Interessen. Er existiert nur dadurch, dass die einzelnen Bürger ihren Willen und ihre Rechte gewissermaßen aufgegeben und auf diese öffentliche Person übertragen haben. Klingt gut, aber sind die Menschen so? Nun ja, auch Russo ist klar falls Bürger mehr Rechte als Pflichten für sich beanspruchen würden, würde das irgendwann zum Untergang des Staates führen. Ergo darf die Gemeinschaft ein Mitglied zum Gemeinwillen zwingen, was nichts anderes heißt, als dass man ihn zwingt, frei zu sein, wie Russo formuliert.

Speaker 1:

In all diesen Konstrukten gibt es weder Gottesgnadentum noch die traditionelle Ständegesellschaft. Damit hatte der gute Russo den Bogen, wie gesagt, zunächst überspannt, aber die Idee war gedruckt, der Gedanke ließ sich nicht mehr unterdrücken. Die Saat wurde gegossen vom Leid des einfachen Volkes und den aufklärerischen Gedanken einiger intellektueller und ging bald in der französischen Revolution auf, deren radikaler Vorkämpfer Robespierre zeigte sich stark von Russo Gemeinschaftsvertrag inspiriert. Ob das Ergebnis die Gesellschaft war, die Russo vor Augen stand wohl kaum. Er war dann doch sehr Theoretiker und wollte eigentlich nur seine Ruhe haben. Ein Werk, das ganz pragmatisch eine realistische und umsetzbare Gesellschaftsordnung entwickelte, wäre von ihm kaum zu erwarten gewesen. Aber sein Ansatz wurde immer wieder aufgegriffen, seit er sieben, zweiundsechzig in die Welt gesetzt wurde, und dient Theoretiker noch heute als Wetzstein zum Schärfen ihrer Gedanken.