MoneyMuseum's Podcast (5 Min.)

Station 1: Werkzeuge der Freiheit: Die erstaunliche Geschichte des Manesse Verlags

Jurg Conzett

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der ein Buch mehr kostet als ein Wochenlohn – und dennoch kaufen Menschen es. Genau so war es nach dem Zweiten Weltkrieg, als Literatur nicht nur Unterhaltung, sondern ein Symbol geistiger Freiheit darstellte.

Wir tauchen ein in die bemerkenswerte Entstehungsgeschichte des Manesse Verlags, der 1944 mitten im Kriegschaos mit einem revolutionären Ziel gegründet wurde: Völkerverständigung durch Literatur zu fördern. Während ringsum Bücher verbrannt und Autoren verfolgt wurden, entstand in der Schweiz diese literarische Oase. Walter Mayer, der Gründer, handelte nicht aus wirtschaftlichen Überlegungen, sondern aus tiefer Überzeugung – ein bemerkenswertes Beispiel für Mut und Weitblick.

Besonders faszinierend ist der damalige Umgang mit Büchern: Sie wurden wie kostbare Familienschätze behandelt, sorgfältig eingeschlagen, weitervererbt und unter Freunden geteilt. Ein einziges Exemplar konnte Dutzende Leser finden. In einer Zeit ohne Fernsehen, mit zensierten Zeitungen und propagandageprägten Informationsquellen waren Bücher kostbare Speicher menschlicher Erfahrung und Hoffnung. Der Kontrast zu unserer heutigen digitalen Welt mit unbegrenztem Informationszugang könnte kaum größer sein.

Diese Geschichte des Manesse Verlags ist nicht nur ein Stück Kulturgeschichte, sondern auch eine Mahnung für unsere Gegenwart. Sie zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand gehen können. Und während wir im Informationsüberfluss leben, gibt es noch immer Orte auf der Welt, wo Bücher zensiert werden. Eine zeitlose Erinnerung daran, dass Literatur mehr ist als bedrucktes Papier – sie ist ein Werkzeug der Freiheit.

Speaker 1:

Stellen Sie sich vor, ein einziges Buch kostete nach dem Zweiten Weltkrieg umgerechnet 150 Franken, mehr als ein Wochenlohn. Und trotzdem waren Menschen bereit, diesen Preis für Literatur zu zahlen.

Speaker 2:

Das ist wirklich erstaunlich, besonders wenn man bedenkt, dass der Manesse Verlag genau in dieser schwierigen Zeit gegründet wurde.

Speaker 1:

Ja, und was noch faszinierender ist Walter Mayer gründete den Verlag nicht etwa aus wirtschaftlichen Gründen, sondern mit dem klaren Ziel, durch Literatur Völkerverständigung zu fördern. Das war 1944 ein geradezu revolutionärer Gedanke.

Speaker 2:

Hm. Die Schweiz bot dafür wohl den einzigen möglichen Standort in Mitteleuropa, oder?

Speaker 1:

Genau das ist der springende Punkt. Während in Nazideutschland Bücher verbrannt wurden und in Mussolinis Italien sowie Stalins Sowjetunion strikte Zensur herrschte, war die Schweiz eine Art literarische Oase, obwohl und das wird oft vergessen auch dort gewisse Einschränkungen galten.

Speaker 2:

Was ich besonders interessant finde wie haben Menschen damals überhaupt an Bücher kommen können, wenn sie so teuer waren?

Speaker 1:

Oh, das ist eine spannende Geschichte. Bücher wurden wie Familienschätze behandelt, in Zeitungspapier eingeschlagen, von Generation zu Generation weitergegeben und in Freundeskreisen herumgereicht. Ein einzelnes Exemplar von Tschechows Meistererzählung wurde oft von dutzenden Menschen gelesen.

Speaker 2:

Und es gab ja praktisch keine Alternativen für den Zugang zu Informationen und Kultur, nicht wahr?

Speaker 1:

Genau, die Zeitungen waren dünn und meist ohne Bilder, fernsehen existierte noch nicht, und selbst das Radio unterlag strengen Regulierungen. Die wenigen verfügbaren Illustrierten und Filmwochenschauen waren mehr Propaganda als Information.

Speaker 2:

Das erklärt auch den enormen Einfluss der Literatur auf den politischen Diskurs dieser Zeit.

Speaker 1:

Absolut richtig. Bücher waren nicht nur Unterhaltung. Sie waren regelrechte Speicher menschlicher Erfahrung und Hoffnung. Haltung Sie waren regelrechte Speicher menschlicher Erfahrung und Hoffnung. In Krisenzeiten boten sie Orientierung und manchmal auch versteckte Kritik an den herrschenden Verhältnissen.

Speaker 2:

Wie unterscheidet sich das von unserer heutigen digitalen Welt?

Speaker 1:

Der Kontrast könnte kaum größer sein. Heute haben wir unbegrenzten Zugang zu Informationen, aber der respektvolle Umgang damit ist oft verloren gegangen. Ein Buch war damals nicht nur ein Informationsträger, es war ein Symbol für geistige Freiheit.

Speaker 2:

Das macht die Geschichte des Manesse Verlags zu einem wichtigen Zeitzeugnis. Oder.

Speaker 1:

Ja, und mehr noch Es zeigt uns, dass wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand gehen können. Der Verlag existiert bis heute und steht weiterhin für qualitativ hochwertige Literatur.

Speaker 2:

Eine bemerkenswerte Geschichte von Mut und der verbindenden Kraft der Literatur.

Speaker 1:

Und vielleicht auch eine Mahnung an uns heute, denn während wir über unbegrenzten Zugang zu Informationen verfügen, gibt es immer noch viele Orte auf der Welt, wo Bücher zensiert und Autoren verfolgt werden. Die Geschichte des Manesse-Verlags erinnert uns daran, dass Literatur mehr ist als bedrucktes Papier. Sie ist ein Werkzeug der Freiheit.