MoneyMuseum's Podcast (5 Min.)

Kopenawa. Der Sturz des Himmels

Jurg Conzett

Die Welt durch die Augen eines Yanomami-Schamanen zu sehen, verändert alles. In dieser faszinierenden Erkundung des monumentalen Werks "Der Sturz des Himmels" tauchen wir ein in die Worte von Davi Kopenawa, aufgezeichnet vom Anthropologen Bruce Albert über viele Jahre intensiver Gespräche.

Dieses aussergewöhnliche Buch sprengt alle Grenzen bekannter Genres. Es ist zugleich persönliche Lebensgeschichte, komplexe Kosmologie und dringender politischer Aufruf. Was das Werk so bedeutsam macht: Hier spricht nicht jemand über die Yanomami, sondern einer von ihnen direkt zu uns – eine Stimme, die normalerweise keinen Raum in unserer Welt bekommt.

Für Kopenawa und sein Volk ist der Wald kein stummes Objekt zur Ausbeutung, sondern ein lebendiges, beseeltes Universum voller Geister, der Shapiri. Diese sind keine folkloristische Erfindung, sondern Akteure in einem hochkomplexen kosmologischen System. Wissen bedeutet hier verkörperte spirituelle Praxis – eine fundamental andere Art zu verstehen als in unserer westlichen Tradition. Der Schamane analysiert mit scharfem Blick unsere Zivilisation, die er als "Volk der Ware" bezeichnet – eine Gesellschaft mit einer grundlegend gestörten Beziehung zur Erde, besessen von materiellen Gütern und blind für die spirituelle Dimension der Welt.

Der "Sturz des Himmels" ist Kopenawas eindringliche Metapher für den drohenden ökologischen Kollaps. Seine Warnung richtet sich an uns alle: Wenn wir den Amazonas zerstören, gefährden wir die Stabilität des gesamten Planeten. Diese indigene Perspektive fordert uns heraus, unser Verhältnis zur Welt neu zu denken. Fragt euch selbst: Wenn wir den Wald als beseeltes Gegenüber betrachten würden, welche Verantwortung würde daraus erwachsen? Teilt eure Gedanken und helft mit, diese wichtige Botschaft zu verbreiten.

Speaker 1:

Herzlich willkommen. Heute nehmen wir uns ein wirklich ganz außergewöhnliches Buch vor, der Sturz des Himmels, die Worte des Yanomami-Shaman Davi Koppenawa Aufgezeichnet hat, die über Jahre der Anthropologe Bruce Elbert Genau Unsere Quelle ist eine Analyse, die so ein bisschen das Besondere daran herausarbeitet. Und unser Ziel? naja, wir wollen Ihnen zeigen, warum das eben mehr ist als nur ein Buch Absolut. Es ist ja Lebensgeschichte, kosmologie, auch ein politischer Aufruf alles in einem, und es fordert uns heraus, die Welt vielleicht anders zu sehen. Also, schauen wir da mal genauer rein. Ja, gerne, stellen Sie sich das mal vor, schauen wir da mal genauer rein.

Speaker 2:

Ja gerne. Stellen Sie sich das mal vor. Fast 1000 Seiten, und die sind entstanden aus Gesprächen auf Yanomami, das ist ja allein schon bemerkenswert.

Speaker 1:

Auf jeden Fall.

Speaker 2:

Aber was das Buch sofort anders macht, finde ich, ist seine Form. Es ist eben keine klassische Autobiografie oder keine reine Ethnografie. Ganz genau Diese Hybridität, das ist das Faszinierende. Es ist eine Verschmelzung von mündlicher Erzähltradition und schriftlicher Form Von Kopernauers ganz persönlichem Weg und der Geschichte seines Volkes. Es sprengt halt bewusst die üblichen Schubladen.

Speaker 1:

Ja, Und das Wichtigste ist vielleicht hier spricht eben nicht jemand über die Janomami, hier spricht einer von ihnen Direkt zu uns.

Speaker 2:

Stimmt Diese Stimmen? die bekommen ja sonst selten so einen Raum Eben. Ein Kernpunkt ist ja dann die Weltsicht der Janomami, die Kopenhauer uns da nahe bringt. Der Wald ist hier kein stummes Objekt. richtig So, wie wir das vielleicht sehen. Überhaupt nicht.

Speaker 1:

Nein. Für Kopenhava und die Yanomami ist der Wald ein lebendiges, beseeltes Universum voller Geister, die Shapiri, Shapiri okay. Und diese Geister sind keine Folklore, die sind Akteure in einem hochkomplexen kosmologischen System.

Speaker 2:

Und die Schamanen wie Copanava, Genau die lernen, mit ihnen zu kommunizieren, oft durch den Gebrauch von Yakuana-Pulver, einem psychoaktiven Schnupfpulver, um das Gleichgewicht der Welt zu erhalten.

Speaker 1:

Das heißt, Wissen ist hier etwas ganz anderes, nicht nur Theorie.

Speaker 2:

Richtig. Wissen ist hier gelebte, verkörperte spirituelle Praxis, eine fundamental andere Art des Wissens, als wir sie im Westen oft kennen.

Speaker 1:

Kopenhauer beschreibt das ja er sagt, die Shapiri tanzen für die Schamanen auf riesigen Spiegeln, um die Welt zu stützen. Wow, okay, und diese Weltsicht, die trifft dann ja oft die Realität der Zerstörung von außen. Das schildert Kopenhauer ja auch sehr eindringlich.

Speaker 2:

Ja, und wie. Er beschreibt die brutalen Auswirkungen des Kontakts mit den Weißen, also Goldsucher, siedler, auch Missionare.

Speaker 1:

Die brachten nicht nur Krankheiten und Gewalt, sondern eben auch eine völlig andere Logik, die Logik der Ware, und das führt dann zu einem der provokantesten Punkte des Buches, oder?

Speaker 2:

Genau.

Speaker 1:

Diese Bezeichnung für uns als Volk der Ware? Was meint er damit genau?

Speaker 2:

Also, er analysiert die westliche Zivilisation, unsere Gesellschaft als eine, deren Beziehung zur Erde ja fundamental gestört ist.

Speaker 1:

Gestört okay.

Speaker 2:

Eine Kultur, die im Wald, in der Natur, halt, primär Ressourcen sieht, Etwas zur Ausbeutung, nicht ein lebendiges Gegenüber. Er beschreibt quasi eine Besessenheit von materiellen Gütern, die uns blind macht für die spirituelle Dimension der Welt und auch für die Konsequenzen unseres Handelns.

Speaker 1:

Das ist dann diese Gegenanthropologie, von der Sie sprachen.

Speaker 2:

Genau das ist es Eine Ethnologie quasi aus der umgekehrten Perspektive, die unsere Kultur analysiert und uns zwingt, unsere eigenen Annahmen über Fortschritt, über Besitz, über Natur radikal zu hinterfragen.

Speaker 1:

Und diese Kritik, die mündet dann in einem sehr dringenden Appell. Der gibt dem Buch ja auch seinen Titel.

Speaker 2:

Exakt Der Sturz des Himmels. Das ist Copenawas Metapher für den ökologischen Kollaps. Den sieht er kommen, wenn die Zerstörung des Amazonaswaldes so weitergeht.

Speaker 1:

Der Himmel stürzt also wortwörtlich.

Speaker 2:

Für ihn schon. Der Himmel ist keine leere Weite. Er wird gehalten von den Schamanen und den Schapirigeistern. Wenn der Wald stirbt, sterben die Schamanen, sagt er, und dann ja, dann stürzt der Himmel herab. Eine globale Katastrophe, puh. Was hier wirklich hängen bleibt, ist diese untrennbare Verbindung Spiritualität, ökologie und Politik. Das gehört für ihn zusammen.

Speaker 1:

Seine Warnung ist also nicht nur auf die Yanomami bezogen. Das geht weit darüber hinaus.

Speaker 2:

Ja, absolut, sie ist universell. Capenava sieht die Zerstörung seines Heimatwaldes als Symptom, als Symptom einer globalen Krankheit, eben der des Volkes der Ware.

Speaker 1:

Wenn wir das also mit dem großen Ganzen verbinden, wird klar Seine Warnung. die richtet sich an uns alle. Sie betrifft die Stabilität des gesamten Planeten. Es ist also auch ein Aufruf, diese indigenen Perspektiven ernster zu nehmen.

Speaker 2:

Genau Nicht als Folklore abzutun, sondern als lebenswichtiges Wissen anzuerkennen Für unsere gemeinsame Zukunft.

Speaker 1:

Gut, fassen wir mal zusammen Was sollten Sie aus unserer heutigen Erkundung von Der Sturz des Himmels mitnehmen? Es ist ein monumentales Werk, einzigartig, es sprengt Genres. Es bietet nicht nur einen wirklich tiefen Einblick in die faszinierende Kosmologie der Yanomami, sondern übt auch eine fundamentale Kritik an der zerstörerischen Logik unserer modernen Industriegesellschaft. Und es ist vor allem ein leidenschaftlicher, ja wirklich dringender Appell Schützt den Wald, hört auf die Hüter des Waldes.

Speaker 2:

Ihre Stimmen und ihr Wissen sind eben keine Relikte der Vergangenheit. Sie sind essentiell für das Überleben auf diesem Planeten. Das Buch fordert uns wirklich heraus, unser Verhältnis zur Welt neu zu denken.

Speaker 1:

Und damit geben wir Ihnen noch einen Gedanken mit auf den Weg Wenn wir diese Perspektive von Kopenhauer mal ernst nehmen, dass der Wald ein beseeltes Gegenüber ist, was für eine Verantwortung ergibt sich dann daraus für uns, für das selbsternannte Volk der Ware?

Speaker 2:

Eine Verantwortung, die vielleicht weit über das hinausgeht, was wir normalerweise unter Umweltschutz verstehen, oder Genau.

Speaker 1:

Was könnte das für Ihre ganz persönliche Beziehung zur Natur bedeuten? Denken Sie mal darüber nach.