MoneyMuseum's Podcast (5 Min.)

Friktionen: Anna Lohenhaupt Zings Blick auf die verborgenen Reibungen der Globalisierung

Jurg Conzett

Tauche mit uns ein in die faszinierende Welt der "Friktionen" – jene Reibungspunkte, die entstehen, wenn globale Kräfte auf lokale Realitäten treffen. Basierend auf Anna Lohenhaupt Zings wegweisender Forschung in den Regenwäldern Indonesiens erkunden wir, warum Globalisierung kein glatter, vorhersehbarer Prozess ist, sondern von Widerständen, Anpassungen und unerwarteten Wendungen geprägt wird.

Du erfährst, wie der Kapitalismus bei seinem Eindringen in lokale Ökosysteme nicht einfach alles übernimmt, sondern auf vielfältige Widerstände stösst, die das Ergebnis entscheidend mitformen. Besonders spannend: Zings Konzept des "kollaborativen Überlebens", das beschreibt, wie Menschen, Tiere und Pflanzen unter oft prekären Bedingungen neue, unerwartete Beziehungen eingehen müssen – ein "Überleben in den Ruinen", fernab jeder romantischen Vorstellung von harmonischer Koexistenz.

Was bedeutet diese Perspektive für unser Verständnis aktueller globaler Herausforderungen wie Klimawandel oder Ressourcenkonflikte? Wir diskutieren, wie Zings Ansatz uns dazu einlädt, lokale Dynamiken ernst zu nehmen und zu erkennen, dass nichts wirklich unvermeidlich ist. Jedes globale Phänomen wird durch lokale Kontexte verändert – eine wichtige Erkenntnis für alle, die globale Prozesse besser verstehen wollen.

Reflektiere mit uns, wo du in deinem eigenen Umfeld solche Friktionen beobachtest. Wo treffen globale Trends, Ideen oder Produkte auf deine lokale Lebenswelt und erzeugen Spannungen, Konflikte oder vielleicht sogar etwas ganz Neues? Diese Fragen laden dich ein, deinen eigenen Platz im komplexen Gefüge unserer vernetzten Welt neu zu entdecken.

Speaker 1:

Willkommen zu unserem heutigen Gespräch. Wir schauen uns heute mal genauer Anna Lohenhaupt Zings Buch Friktionen an, also die Kernideen daraus. Es geht darum, wie globale Verflechtungen wirklich funktionieren, oft ganz anders, als man so denkt, oder.

Speaker 2:

Ja, genau. Also, der Kern bei Zing ist dieses Konzept der Friktion. Man muss sich das so vorstellen, sich das so vorstellen Globalisierung ist eben kein glatter Prozess, sondern wenn globale Kräfte, sagen wir mal der Kapitalismus, auf lokale Kulturen treffen, auf Umwelten, dann reibt es sich, es gibt Konflikte, aushandlungen. Und diese Friktionen, die sind nicht nur Störungen, sondern die formen das Ergebnis ganz entscheidend mit.

Speaker 1:

Okay, friktion, reibung, also nicht die glatte Autobein der Globalisierung, sondern eher so ein holpriger Feldweg, und Zing nutzt Ethnografie, sagtest du, also Feldforschung.

Speaker 2:

Genau, sie war lange vor Ort, wie Anthropologen das machen. Das ist wichtig. Ihre Forschung in Indonesien, in Kalimantan, in den Regenwäldern, das ist die Basis, und da wird es dann konkret Klar. Sie beschreibt Umweltzerstörung, abholzung, diese ganzen bekannten Probleme. Aber das ist nicht alles, nehme ich an, die Wisten Widerstand leisten. Das sind dann diese Friktionen in Aktion. Man sieht, wie globale Pläne auf lokale Realitäten prallen und was daraus entsteht.

Speaker 1:

Und was ist daran jetzt das wirklich Neue oder Überraschende? Dass es Widerstand gibt, ist ja erstmal erwartbar oder Ja schon.

Speaker 2:

Aber das Faszinierende bei ihr ist, finde ich, dass sie über das rein Menschliche hinausgeht. Das Faszinierende bei ihr ist, finde ich, dass sie über das rein Menschliche hinausgeht. Sie betont diese krasse Vernetzung von Menschen und nichtmenschlichen Arten, also Tiere, pflanzen, pilze. Ah okay, also wie unser Handeln, die Abholzung zum Beispiel, dann nicht nur die Menschen betrifft, sondern das ganze Ökosystem, und wie das zurückwirkt. Genau, und daraus leitet sie dann ein Schlüsselkonzept ab, das kollaborative Überleben.

Speaker 1:

Kollaboratives Überleben, das klingt erstmal fast ein bisschen harmonisch. Was meint sie damit genau?

Speaker 2:

Der Begriff ist vielleicht etwas irreführend. Es geht nicht um Idylle, gar nicht. Es beschreibt eher, wie verschiedene Lebensformen Menschen, tiere, pflanzen trotz dieser zerstörerischen Kräfte des Kapitalismus irgendwie, ja weiter existieren, oft auf prekäre Weise. Sie müssen halt zusammenarbeiten, oft unfreiwillig, in diesen veränderten Landschaften. Es ist ein Überleben in den Ruinen, sozusagen durch neue, unerwartete Abhängigkeiten.

Speaker 1:

Okay, verstehe Also nicht geplante Harmonie, sondern eher ein, ja, ein sich arrangieren unter schwierigen Bedingungen, ein Überleben trotz allem, aber eben vernetzt.

Speaker 2:

Exakt, und das stellt halt diese übrige Vorstellung von der unaufhaltsamen, gleichförmigen Globalisierung total in Frage. Die Ergebnisse sind eben nicht vorherbestimmt, sondern hängen stark von diesen lokalen Reibungen, diesen Kontexten ab.

Speaker 1:

Was bedeutet?

Speaker 2:

das jetzt alles für dich, der du gerade zuhörst. Was nimmst du daraus mit? Vor allem die Erkenntnis, dass globale Prozesse naja vielschichtiger sind, als sie oft dargestellt werden. Was global geplant wird, sieht vor Ort oft ganz anders aus.

Speaker 1:

Also den Blick schärfen fürs Lokale, für die Akteure vor Ort, für Widerstand, Anpassung.

Speaker 2:

Genau, und dafür, dass nichts wirklich unvermeidlich ist. Es gibt immer Spieleräume, immer unerwartete Wendungen.

Speaker 1:

Das heißt, wenn du das nächste Mal hörst, großprojekt XY startet in Land Z, dann lohnt es sich zu fragen okay, und was bedeutet das konkret dort? Welche Friktionen könnten entstehen?

Speaker 2:

Ja, absolut. Zinks Arbeit ist im Grunde ein Plädoyer für eine engagierte Forschung, die diese Komplexität ernst nimmt, die nicht nur beschreibt, sondern die Kämpfe um Ressourcen, um Umwelt, um Lebensweisen wirklich anerkennt. Es sind unordentliche, zufällige, eben reibungsvolle Verbindungen.

Speaker 1:

Und das wirft natürlich Fragen auf. Oder Wie sehen wir aktuelle globale Konflikte oder auch die Klimadebatte, wenn wir diese Brille der Friktion aufsetzen?

Speaker 2:

Eine wichtige Frage Sehen wir da vielleicht ganz ähnliche Dynamiken, wie globale Ideen oder Maßnahmen auf lokale Widerstände und Realitäten treffen und dadurch verändert werden?

Speaker 1:

Ja spannend. Und als abschließender Gedanke für dich zum Mitnehmen wo bemerkst du denn selbst solche Friktionen In deinem Alltag, deinem Umfeld? Wo treffen globale Trends, ideen, produkte vielleicht auf deine lokale Welt und erzeugen vielleicht Spannung, konflikt oder was ganz Neues, unerwartetes?

Speaker 2:

Genau Etwas zum Weiterdenken.

Speaker 1:

Absolut, bis zum nächsten Mal.